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    Die Wasserkrise mit pflanzlichen Lebensmitteln abwenden

    Mit Agrarökologie gegen Lebensmittelknappheit und Klimakollaps

    Beitrag von Anne
    13.10.2023 — Lesezeit: 6 min
    Die Wasserkrise mit pflanzlichen Lebensmitteln abwenden

    Die Wasserkrise wird immer allgegenwärtiger. Die Slow Food Netzwerke sind sich sicher, dass der Schutz des Wassers ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil nachhaltiger Landwirtschaft ist. Sie sehen Agrarökologie als Antwort auf die Wasserkrise und zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit.

    Aus einem aktuellen Papier1, das Slow Food2 pünktlich zum World Food Day am 16. Oktober veröffentlicht, geht hervor, wie wichtig die Ressource Wasser für die Menschheit ist. Edward Mukiibi, Präsident von Slow Food, äußert sich wie folgt:

    "Wir sind der festen Überzeugung, dass der Schutz des Wassers ein wesentlicher Bestandteil von nachhaltiger Landwirtschaft ist. Regionale Landwirtschaft und Lebensmittelproduktionen, wie sie von Slow-Food-Gemeinschaften in aller Welt betrieben werden, schützen jeden Wassertropfen als kostbares Gut. So werden nicht nur sichere Lebensmittel produziert, sondern auch sauberes Wasser erhalten. Diese Verfahren, die weiterhin gestärkt und erhalten werden müssen zur Überwindung der schweren globalen Wasserkrise, lassen sich in einem Wort zusammenfassen: Agrarökologie."

    Derzeit befasst sich Mukiibi gemeinsam mit anderen Expert*innen mit Lösungen zur Bewältigung der aktuellen Weltwasserkrise. Zahlreiche Menschen sind schon heute von dieser weltweiten Bedrohung betroffen.

    Wasser ist unsere Lebensgrundlage

    Die Hauptbotschaft der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) anlässlich des diesjährigen Welternährungstages lautet:

    "Wasser ist Leben, Wasser ist Nahrung. Lasst niemanden zurück."

    Edward Mukiibi sagt dazu:

    "2,4 Milliarden Menschen leben in Ländern mit Wasserknappheit, und viele von ihnen sind Kleinbauern und Kleinbäuerinnen oder Teil indigener Gemeinschaften. Die Landwirtschaft spielt eine zentrale Rolle bei der Wassernutzung und ist für 72 Prozent des weltweiten Süßwasserverbrauchs verantwortlich."

    Heute sehen sich Slow Food Gemeinschaften auf der ganzen Welt täglich mit Wasserknappheit und Trockenheit konfrontiert. Sie kommen permanent mit dem Problem in Berührung und suchen fieberhaft nach nachhaltigen Lösungen – sowohl für ihre Arbeit in der Landwirtschaft als auch für die Bevölkerung.

    Jean Martial Djèdjé von der Slow Food-Gemeinschaft Jeunes Dynamiques pour la préservation de la biodiversité de Port-Bouet in der Republik Côte d'Ivoire weiß:

    "Wasser ist die Grundlage für unser tägliches Leben, unsere Gesundheit und unsere Zukunft. In unserer Gemeinschaft ist der Zugang zu dieser lebenswichtigen Ressource jedoch nicht immer gegeben. Wir stehen vor immer neuen Herausforderungen: plötzliche Wasserkürzungen führen dazu, dass wir jedes Mal gut überlegen müssen, bevor wir diese kostbare Ressource nutzen. Auch für uns spielt die Wasserknappheit eine Rolle. Wir wissen, dass wir etwas ändern müssen. Wir wissen, dass jeder Tropfen Wasser ein Geschenk der Natur ist, das wir nicht verschwenden dürfen. Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gemeinschaft zusammenschließen, um das Bewusstsein für die Bedeutung von Wasser zu schärfen und uns für zuverlässige und zugängliche Wassersysteme einzusetzen. Wir müssen unsere Mitmenschen darüber aufklären, wie man Wasser spart, undichte Stellen repariert und diese Ressource sorgsam einsetzt."

    Nakawooya Florence, Mitglied der Slow Food-Lebensmittelgemeinschaft Kasaalu Kyogya in Uganda sagt dazu:

    "Die Wasserknappheit entwickelt sich in unserer Region zunehmend zu einer großen Bedrohung für unsere Produktionsweise. Das hat uns dazu gezwungen, unsere Anbaumethoden zu überdenken und uns auf bodenschonende Verfahren, wie zum Beispiel das Mulchen, zu konzentrieren. Damit sorgen wir dafür, dass die Feuchtigkeit im Boden gespeichert wird.

    Für uns ist es ein permanenter Lernprozess, aber wir passen uns an, um eine nachhaltige Produktion zu gewährleisten. Die Situation hat uns zu innovativen Methoden wie Regenwassersammlung und Tröpfchenbewässerung gebracht, denn jeder Tropfen zählt. Wir haben jetzt einen Gemeinschaftsteich, in dem wir Regenwasser für länger andauernde Dürreperioden auffangen.

    Als agrarökologische Erzeuger*innen haben wir die verheerenden Auswirkungen der Wasserknappheit auf unsere Existenzen miterlebt. Wir arbeiten seither mit den umliegenden Gemeinschaften zusammen, um alternative Wasserquellen zu erschließen und unsere landwirtschaftlichen Betriebe zu schützen. So baten wir Slow Food Uganda um Unterstützung beim Bau eines unterirdischen Tanks für das Auffangen von Regenwasser zur Bewässerung. Dieses Wasser wird hauptsächlich für den Gemüseanbau verwendet, wodurch eine konstante Versorgung gewährleistet ist."

    Die Vorsitzende von Slow Food Chile, Marcela Ramos hat Ähnliches zu berichten:

    "Chiloé ist eine Inselgruppe im Süden Chiles, die aus einer großen und 40 kleineren Inseln besteht und in einem Gebiet mit hohen Niederschlägen liegt. Dennoch gibt es dort viele Orte mit Wasserknappheit, und die Gemeinden müssen von Lastwagen mit Wasser versorgt werden, wenn es ein paar Wochen lang nicht regnet."

    Das Slow Food Netzwerk beteiligt sich aktiv am Projekt SANAPI zum Schutz von Wasser, Land, Wald, der Artenvielfalt und der Bienen. In Bolivien zielt es darauf ab, nachhaltigere Bedingungen für die Nutzung der natürlichen Ressourcen in den Fokusgebieten zu schaffen, insbesondere durch den Schutz und die Stärkung der ökologischen Funktionen des Waldes zugunsten der Menge und Qualität des verfügbaren Wassers. Die Aktion wird gemeinsam mit den italienischen NRO ASPEM und CEVI durchgeführt, dank der Finanzierung durch die AICS.

    Wie sehen die Lösungsmöglichkeiten aus?

    Die Lösung sieht Slow Food auch hier primär in der Agrarökologie. In der aktuellen Pressemitteilung heißt es:

    "Ein verbessertes Boden- und Wassermanagement ist das Herzstück einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion, und eine nachhaltige landwirtschaftliche Wasserbewirtschaftung ist einer der Grundsätze, auf denen die Agrarökologie beruht. Konkret geht es um die nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen in den landwirtschaftlichen Betrieben durch optimales Boden-Wasser-Management – die Nutzung von Regenwasser und die Art der Bewässerung sowie die Vermeidung von Wasserverlusten. Es ist an der Zeit, einen sanften Weg des Wasserverbrauchs einzuschlagen und vielmehr die Nachfrage zu reduzieren als mehr Wasser zu fordern."

    Laut Slow Food handelt es sich bei der Agrarökologie um einen ganzheitlichen und umfassenden Ansatz, der den allgemeinen Zugang zu einer nährstoffreichen und kulturell angepassten Ernährung gewährleistet. Hinzu kommt, dass er die Biodiversität fördert, natürliche Ressourcen bewahrt und einen wichtigen Schritt im Kampf gegen die Klimakatastrophe darstellt. Die Landwirtschaft wird nachhaltiger und die Lebensmittelsysteme gerechter. Das liegt vorwiegend daran, dass zahlreiche agrarökologische Praktiken der Wasserbewirtschaftung darauf abzielen, die Wasserspeicherkapazität des Bodens zu verbessern, statt größere Mengen Wasser zu fordern. Und das ist wichtig, denn: Wasser wird mehr und mehr zu einer knappen Ressource.

    Bei der Bewirtschaftung von Agrarflächen wird es auch aus diesem Grund immer wichtiger, dass sich die Landwirtschaft mehr und mehr umstellt und ausschließlich auf den Anbau pflanzlicher Lebensmittel setzt. Laut der Tierrechtsorganiation PETA3 werden circa 30 Prozent des weltweit genutzten Wassers für die Erzeugung von tierischen Produkten verwendet.

    "Für eine tierische Kalorie benötigt man 30 pflanzliche Kalorien"

    Das liegt daran, dass bei der "Herstellung" von Fleisch- und Wurstwaren sowie anderen tierischen Erzeugnissen so viel Wasser für den Anbau der Futtermittel verwendet wird. Dieses Vorgehen führt dazu, dass für eine einzige tierische Kalorie bis zu 30 pflanzliche Kalorien nötig sind – in Form von Nutztierfutter.

    PETA zufolge benötigt man für eine Rindfleisch-Kalorie zum Beispiel zehn Kalorien aus Getreide. Das führt zu dem Schluss: Wir verschwenden 90 Prozent der verfügbaren Nahrungsenergie. Das muss man erst mal sacken lassen, oder? Überlegt Euch mal, wie viele Menschen wir trotz Klimakatastrophe, Dürren und anderer Nahrungsmittelkrisen sattbekommen könnten, wenn wir nicht auf tierische Kalorien setzen würden!

    Heute nimmt der Anbau von Tiernahrung wie Getreide und Soja weltweit mehr als 83 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen der Welt in Anspruch. Ein Großteil des Trinkwassers wird dabei auch verbraucht. Hinzu kommen die Belastung der Gewässer, des Trinkwassers und Bodens durch Gülle, Pestizide, Herbizide und Medikamente sowie die Luftverschmutzung und die massiven Auswirkungen auf Klima.

    PETA hat den Wasserverbrauch einzelner Lebensmittel miteinander verglichen. Hier die Zahlen:

    • 2.350 Liter Wasser – 1 Rindfleisch-Burger
    • 158 Liter Wasser – 1 Soja-Burger
    • 628 Liter Wasser – 1 Liter Kuhmilch
    • 28 Liter – 1 Liter Sojamilch

    Bei dieser Aufstellung wird mal wieder klar, wie sinnlos es ist, Kalorien (und auch Nährstoffe und Vitamine) erst an ein Tier zu verfüttern, dieses dann zu töten oder zu melken, um sein Fleisch oder seine Milch zu konsumieren, oder?

    Unter allen Fleischsorten und tierischen Produkten ist Rindfleisch im Hinblick auf den Wasserverbrauch die traurige Nummer Eins. Bei der "Gewinnung" werden bis zu 15.300 Liter Wasser für ein Kilogramm benötigt. PETA kommt unter Einberechnung von Trinkwasser für die Tiere und Wasser für die Reinigung der Stallanlagen auf eine Summe von 15.500 Liter Wasser für ein Kilo. Zum Vergleich: Diese Wassermenge reicht, um ein Jahr lang täglich zu duschen.

    Fazit: Wir müssen alle Wasser sparen

    Damit wir die Klimakrise aufhalten und den Welthunger besiegen können, müssen wir alle Wasser sparen. Neben nachhaltiger, auf den Anbau pflanzlicher Lebensmittel konzentrierter Landwirtschaft zählt dazu auch, dass wir keine tierischen Produkte mehr konsumieren und langfristig auf vegan setzen. Tierische Produkte wie Fleisch, Wurst und Milch verbrauchen wesentlich mehr Wasser als pflanzliche Lebensmittel wie Erbsen oder Roggen. Hinzu kommt, dass durch den insgesamt niedrigeren Bedarf an Kalorien weniger Fläche notwendig wäre — wir würden den Wäldern eine echte Chance geben, sich zu regenerieren und damit einen weiteren, lebenswichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

    1. Slow Food – "Water Management in Agroecology"
    2. Slow Food ist eine weltweite Bewegung, dies es sich als Ziel gesetzt, eine auf fairen Beziehungen basierende Ernährungswelt zu schaffen, die biologische Vielfalt, das Klima und die Gesundheit zu fördern. Damit soll es allen Menschen möglich werden, ein Leben in Würde zu führen. Slow Food setzt sich als globales Netzwerk mit Millionen von Menschen für gutes, sauberes und faires Essen für alle ein.
    3. PETA – "Warum wird bei der Fleischproduktion so viel Wasser verbraucht?

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