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    Year Of No Light – "Consolamentum"

    Geschichten aus der Dunkelheit

    Review von Anne
    18.05.2021 — Lesezeit: 3 min
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    Year Of No Light – "Consolamentum"

    Year Of No Light haben ihr neues Album fertig! "Consolamentum" wird diesen Sommer erscheinen. Ich hatte die Gelegenheit, es schon zu hören und muss sagen: Die Platte ist etwas Besonderes. Die Aufnahme in Eure Sammlung solltet Ihr unbedingt in Erwägung ziehen.

    Das Album startet mit dem düsteren Opener "Objuration". Er lässt mich tief hinuntersteigen in eine finstere Höhle. Nur ein kleiner Hauch Licht fällt durch einen Riss zu mir hinunter. Das Stück hält einige überraschende Wendungen für mich bereit. Insgesamt überzeugt es durch einen sagenhaften Mix aus Härte, Verspieltheit und Präzision. Mit 12:47 Minuten ein gehaltvoller Opener. Ich will sofort mehr hören.

    Der zweite Song auf der Platte trägt den Namen "Alétheia". Nach einem zarten Intro schraubt er sich genau wie "Objuration" immer weiter hoch und zieht mich immer weiter hinein in die dunkle Fantasiewelt von Year Of No Light. Das Stück bildet die perfekte Bridge zum nächsten großen Highlight der Platte. Die Spannung steigert sich ins schier Unermessliche. Gitarre über Gitarre schichtet sich auf zu einem knallharten Gesamtkunstwerk.

    Year Of No Light zeigen, was Düsternis ist

    "Interdit aux Vivants, aux Morts et aux Chiens" ("Verboten für die Lebenden, die Toten und die Hunde") – was mit diesem Namen gemeint ist, kann ich nur vage vermuten. Das Stück geht nachdenklich und getragen los und entwickelt sich zu einem 11:11-minütigen Wirbel der Gezeiten.

    Das Oscar-reife Video zu Réalgar müsst Ihr gesehen haben. Doch das Stück ist auch ohne Bilder dermaßen monumental, dass Ihr es lange nicht vergessen werdet.

    "Came" ist das letzte der insgesamt fünf Stücke und ein absolut würdiger Abschluss für ein derart geniales Album. Elektrisch, wie statisch aufgeladen wirkt das Stück. Der schleppende Rhythmus hat etwas Hypnotisches. Bester Drone Sound, schwer über allem schwebend. Spätestens jetzt kocht das Blut.

    Die komplette Year Of No Light Diskografie in einer Holzbox

    Year Of No Light

    In diesem Jahr feiern die Post-Rocker ihr zwanzigstes Jubiläum. Um das gehörig zu feiern, veröffentlichen Pelagic Records nicht nur ihr neues Album "Consolamentum". Es wird außerdem ein hölzernes Box-Set geben, das die komplette Diskographie der Band inklusive fünf Studioalben, verschiedenen Split EPs und der Collaboration mit dem belgischen Komponisten Dirk Serries aus der "Live At Roadburn" Recordings-Reihe erhält. Insgesamt umfasst das Set 12 Vinylplatten.

    Year Of No Light sind schon immer vom Fall der Menschheit und der Erlösung durch die Dunkelheit fasziniert. Dem neuen Album hört man das wieder wunderbar an. Und auch der Titel hat eine tiefere Bedeutung: "Consolamentum" steht für das Sakrament, das Initiationsritual der Kathartischen Kirche, die ihre Blütezeit in Europa vom 12. bis zum 14. Jahrhundert hatte. Bei dem Ritual wurden ewige Enthaltsamkeit und das Eintauchen in den Heiligen Geist geschworen.

    Was mystisch klingt, passt perfekt zu der von Year Of No Light komponierten Oper des 21. Jahrhunderts. Die Band selbst beschreibt das so:

    Die Band erzählt eine Geschichte

    "Es gibt einen roten Faden, der sich durch all unsere Alben zieht. Eine Erkundung der sensiblen Welt, die einem bestimmten Telos gehorcht, erst phantasiert ("Nord") und nachhallend ("Außerwelt"), dann als Warnung deklamiert ("Tocsin"). Je tiefer wir graben, desto mehr kommen die Motive zum Vorschein, die es zu enthüllen gilt. Ja, es ist ein bisschen gnostisch. Dieses Album wird nach dem Tocsin beschworen, es ist die Epiphanie des Falls"

    Bei der Umsetzung Ihrer Kunst haben Year Of No Light schon immer großen Wert auf den audiovisuellen Part gelegt. Das zeigt sich nicht nur an ihren legendären Live Shows sondern auch an den Videos, von denen es zu dieser Platte sicher auch wieder einige geben wird.

    Hinter der Liebe für bewegte Bilder steckt das persönliche Interesse der Bandmitglieder am historischen Kino. Das führte unter anderem 2013 zur Produktion eines beeindruckenden Soundtracks für C. T. Dreyer's Film "Vampir" aus dem Jahr 1932. Einen weiteren Soundtrack nahmen die Franzosen für Jeans Rouchs Film "Les Maîtres Fous" auf, den sie im Pariser Musée du Quai Branly live performenten.

    "Consolamentum" steht für musikalische Hingabe

    Year Of No Light

    Mit "Consolamentum" gehen Year Of No Light noch einen Schritt weiter, als mit ihren Vorgängeralben. Ob die teilweise sehr düsteren, ja beklemmend wirkenden Parts von der derzeitigen Weltlage beeinflusst wurden, mag vage Vermutung sein. Mit dem Thema der Platte haben sich die sechs Musiker*innen definitiv eines ausgesucht, das wie für sie gemacht ist. Year Of No Light sagen dazu

    "Für uns ist es eine Frage der musikalischen Hingabe. Wir machen Musik gegen die moderne Zeit. Wir wünschen uns Intensität, Trance, Höhepunkte und Bedrohungen – alles eingebettet in ein bipolares und schwermütiges Ethos."

    Genau danach klingt für mich "Consolamentum". Das Album wird bei mir in Zukunft ganz klar immer griffbereit weiter vorne im Plattenregal stehen. Hört mal rein, es lohnt sich auf jeden Fall!

    "Consolamentum"von Year Of No Light erscheint am 2. Juni 2021.

    Year Of No Light - Réalgar (Roadburn Redux)

    Video: Roadburn Redux

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