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    Besra – "Transitions"

    "Veränderung ist häufig schmerzhaft"

    Review von Anne
    12.09.2023 — Lesezeit: 3 min
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    Besra – "Transitions"
    Bild/Picture: © Aleks Talve

    Nach ihrem Debütalbum "Anhedonia" aus dem Jahr 2018 veröffentlichten Besra immer wieder EPs und Singles. Mit "Transitions" liefern sie nun endlich ihr zweites Album ab und was soll ich sagen? Das Warten hat sich gelohnt!

    "Sentinels" heißt der erste Song auf dem neuen Besra LP. Das emotionale Shouting zieht mich gleich voll rein und ich spüre den starken Wunsch, mir alle sechs Stücke in einem Rutsch anzuhören. In aller Ruhe und mit aufgedrehten Boxen. Live kommt der Track sicher auch ziemlich gut, da bin ich mir sicher.

    Und schon bin ich mittendrin. Beziehungsweise: Ihr seid mittendrin. Willkommen in meiner Review zum am 29. September erscheinenden Besra Album "Transitions". Der Titel passt übrigens unglaublich gut zu dem spektakulären neuesten Werk der Band aus dem finnischen Turku. Es lebt von seinen Veränderungen und dem Spiel mit den Gegensätzen. Und es geht auch um Veränderungen und vor allem auch darum, wie schmerzhaft sie häufig sind. Drummer Ville Kaisla beschreibt das so:

    "'Transitions' revolves around confronting the complexities of human behaviour and the tumultuous landscapes we create—both in our social behaviour and to the world around us. Only change is constant. And it is often painful—whether it's about the world situation, human relationships, your daily state of mind, or even our band's musical development."

    ("'Transitions' handelt von der Konfrontation mit der Komplexität menschlicher Verhaltensweisen und den tumultreichen Landschaften, die wir gestalten – unser soziales Verhalten und unsere Umgebung betreffend. Die Veränderung ist unsere einzige Konstante und sie ist häufig schmerzhaft – bedingt durch die globale Situation, menschliche Beziehungen, unsere tägliche Verfassung oder unserer Entwicklung als Band.")

    Die tiefgründigen Worte zu Beginn des zweiten Songs "Sanguine" erzählen diese Geschichte weiter:

    "Was it me you had a dream about? Was it you that I was meant to say hello to? Was it me that you were looking for? Was it you that got away? I'll never know."

    ("War ich die Person, von der Du geträumt hast? Hätte ich Dir Hallo sagen sollen? War ich der Mensch, nach dem Du gesucht hast? Warst Du die Person, die davonkam? Ich werde es nie erfahren.")

    Träume werden zur Realität und verschwinden wieder im Nebel der Grübelei. Die – klassisch im Post-Rock-Style – gesprochenen Lyrics von Lead Vocalist Hannes Hietarinta gehen nach und nach in Gesang über und das Stück weitet sich zur Mitte hin zu einem wahren Klangkunstwerk aus. Ein schöner Auftakt für den dritten Song auf der Platte.

    "Transitions" von Besra nimmt Fahrt auf

    Mit "Prison Without Locks" nimmt die Platte anschließend endgültig Fahrt auf – zunächst mit leisen bedachten Tönen, die jedoch schnell mit einem rhythmischen Wechsel in spannende Gefilde aufbrechen. Auch hier wird es wieder tiefsinnig:

    "My heart is like an open book. You can read it if you want. Many tells are left untold even though the story ended."

    ("Mein Herz ist wie ein geöffnetes Buch. Du kannst es lesen, wenn Du möchtest. Viele Erzählungen blieben unerzählt, obwohl die Geschichte endete.")

    Auch, wenn die Lyrics hier Härte vermuten lassen: Das Stück lebt von seiner Verspieltheit und Fragilität. Ein wundervoller Kontrast zu Hannes' Gesang, den Keyboarder Mika Mäkilaakso hier im Background sanft unterstützt. Im letzten Drittel des Stücks bekommen wir dann doch noch unser Shouting – gepaart mit dem Sound aller drei Gitarren bietet es uns ein vielschichtiges und progressives Gesamtbild vom Gefängnis ohne Schlösser.

    "Landscapes" heißt die zunächst hauchzarte, dann post-metallische und düstere Antwort auf das filigrane dritte Stück. Es überrascht, genau wie seine Vorgänger, mit stilvollen Zwischenspielen und Wechseln zwischen der wütenden und der verletzlichen Seite von Besras Musik.

    Besra – "Transitions"
    Besra – "Transitions"

    Ob "Valor" von der Tapferkeit der Menschen handelt, die Veränderungen überleben und mit einem neuen Blick auf der anderen Seite ankommen, könnte man die Band mal fragen. Ich finde, es klingt danach. Die Stromschnellen und Steine des Umbruchs wachsen an zum Fels in der Brandung, der neue Perspektiven mit sich bringt. Melodisch ist das Stück ein schönes Highlight vor dem großen Finale "Cries and Lamentations".

    Das sechste und letzte Stück auf "Transitions" ist ein wahr gewordener Post-Music-Traum, den ich zu gerne bald mal in einer dampfigen Halle hören würde. Ohne viel Lightshow und Drumherum. Einfach nur die hoch konzentrierten Musiker vertieft in ihr Meisterwerk. Vor ihnen das verzauberte Publikum – sich glücklich wiegend im Gefühl verstanden zu werden. Verstanden von dieser Musik, die alle Emotionen in sich trägt, die uns die Veränderungen in unserem Leben mitbringen. Besonders gelungen ist bei diesem Song übrigens der Mittelteil, bei dem die Tasten einen magischen Auftritt haben und gekonnt überleiten in den gelungenen Ausklang des Albums.

    Insgesamt ist beim neuen Besra Album alles mit dabei: Emotionen, Gebrüll, Klang, Stimmungs- und Tempowechsel sowie gekonntes Spiel und großartiger Gesang. Wer es nach meiner Schilderung nicht mehr bis zum Release aushalten kann – hier kommt ein Klangbeispiel:

    Besra - "Prison without Locks"

    Besra sind:

    • Hannes Hietarinta – Lead Vocals, Keyboards
    • Ville Kaisla – Drums
    • Ville Kujansuu – Gitarren
    • Mika Mäkilaakso – Gitarren, Keyboards, Vocals
    • Johannes Nygård – Gitarren
    • Pekko Seppälä – Bass

    Bild/Picture: Aleks Talve

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