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    "You Are What You Eat"

    Neue vegane Food-Doku um Zwillings-Studie deckt Erstaunliches auf

    Filmtipp von Anne
    17.01.2024 — Lesezeit: 5 min
    "You Are What You Eat"
    Bild/Picture: © Netflix

    Die neue Food-Dokumentation "You Are What You Eat" bekommt auf Netflix derzeit unzählige Hits. Gleich zu Beginn des Jahres zeigt der Streamingdienst, der schon wichtige Filme wie "Cowspiray", "Seaspiracy" und "Poisoned" und "What The Health" für ein breiteres Publikum verfügbar gemacht hat, in Form der Serie neue Einblicke in unsere Ernährungsgewohnheiten und wie wir unser Leben damit beeinflussen.

    Basis der Dokureihe ist ein Zwillings-Experiment, das schon jetzt großen Einfluss auf die Kaufentscheidungen zahlreicher Verbraucher*innen hat: "You Are What You Eat" führte sie zu dem Entschluss, in Zukunft gesündere und mehr frische, pflanzliche Lebensmittel zu sich zu nehmen.

    Gestützt wird die neue Serie von einer bahnbrechenden Studie von Stanford Medicine1. Sie erschien 2023 und dreht sich um 22 Zwillingspaare. Jeweils eine Person aus jedem Paar ernährte sich von Mai bis Juli 2022 ausschließlich vegan. Die andere Person nahm hingegen auch Fleisch, Wurst, Milch, Eier, Käse, Honig und andere Lebensmittel tierischen Ursprungs zu sich.

    Die Ergebnisse der Studie überraschten selbst die Forschenden. Mit ihrer Arbeit haben sie ein weiteres Mal bewiesen, dass eine vollwertige, auf pflanzlichen Grundlagen bestehende Ernährung der Gesundheit sehr zuträglich ist. Wenn Ihr Euch selbst davon überzeugen möchtet, solltet Ihr Euch die Zeit nehmen und Euch das Zwillings-Experiment bei Netflix ansehen – es lohnt sich!

    Immer weniger Menschen haben Zugang zu frischen Lebensmitteln

    Eine besonders wichtige Erkenntnis der Forschungsarbeit liegt für die Wissenschaftler*innen darin, dass in Amerika heute längst nicht jede*r Zugang zu frischem Obst und Gemüse hat. Zwar betonen die amerikanischen Ernährungsrichtlinien immer wieder, wie wichtig der Verzehr dieser Lebensmittel ist. Dennoch ist es für Millionen Amerikaner*innen nahezu unmöglich, frische und gesunde Lebensmittel einzukaufen. In der Dokumentation seht Ihr einen Vergleich mit zwei Beispielen aus den beiden Orten Loma Linda und San Bernadino in Kalifornien.

    Loma Linda ist Euch vielleicht schon als Blue Zone ein Begriff geworden – die Menschen erreichen dort aufgrund ihrer Ernährung ein besonders hohes Alter. Die Bewohner gelangen sehr einfach an gesunde und pflanzliche Vollwertkost. In San Bernadino ist hingegen genau das Gegenteil der Fall. Der Gründungsort von Mac Donald's ist bekannt für seine "Lebensmittelwüsten". Es gibt dort vor allem verarbeitete Lebensmittel und Fast Food, während man Obst und Gemüse nur sporadisch findet.

    Der Begriff "Lebensmittelwüsten" fällt auch immer wieder im Kontext von Forschungen rund um die in den USA immer weiter vordringende "Lebensmittel-Apartheid". Die Lebensmittelgerechtigkeits-Expertin Karen Washington prägte den Begriff. Sie äußerte sich dazu gegenüber dem Guardian2 wie folgt:

    "Wenn man sich mit der'Lebensmittel-Apartheid' beschäftigt, kommt man der Ursache einiger Probleme im Zusammenhang mit dem Lebensmittelsystem auf die Spur. Betrachtet man das gesamte Lebensmittelsystem hinsichtlich Bevölkerungsgruppen, Geografie, Glaubensrichtungen und Wirtschaft, stellt man fest, dass einer von fünf Haushalten von BIPoC in den USA lebt in einer "Lebensmittelwüste lebt."

    Lebensmittelproduktionssysteme sind ethisch bedenklich und gefährlich

    In der dritten Folge der Dokureihe dreht sich alles um moderne Lebensmittelproduktionssysteme. Sie beschäftigt sich vor allem mit den ethischen und sicherheitsrelevanten Aspekten der Lebensmittelindustrie. Auch gerne verwendete und häufig täuschende Begriffe wie "Freilandhaltung", "humane Schlachtung" und "Bodenhaltung" werden unter die Lupe genommen. Wir erinnern uns: Bodenhaltung bedeutet nicht, dass Hühner oder Puten außerhalb der industrialisierten Massentierhaltung aufgezogen und gehalten werden.

    Die Macher*innen der Serie haben sich für die Folge in die Perspektive des Landwirts und Whistleblowers Craig Watts begeben. Er züchtete in der Vergangenheit selbst Hühner für den Fleischgiganten Perdue. Heute spricht er sich offiziell gegen das System aus und ist aus der Fleischindustrie aus- und auf pflanzenbasierte Landwirtschaft umgestiegen. In "You Are What You Eat" sagt er unter anderem:

    "Man kann schon rein aus logistischer Sicht unmöglich zwei Millionen Küken gesunde pro Woche ausbrüten. Ich weiß, dass diese Vögel genetisch auf bestimmte Eigenschaften gezüchtet werden."

    Ihre Organe und Knochen können bei dem schnellen Wachstum der Muskeln nicht mithalten. Es kommt zu Herzinfarkten und vielen anderen schweren gesundheitlichen Problemen. Diese Tiere können schlichtweg ihr eigens Körpergewicht nicht mehr tragen. Sie werden gezüchtet, um zu leiden."

    Lesetipp: Nadine Nitz vom Lebenshof Federherz e. V. kümmert sich täglich um Puten und andere Tiere und teilt diese Meinung. Mein Interview mit der Tierschützerin könnt Ihr hier lesen.

    Neben den körperlich sichtbaren Qualen, welche die Tiere erleiden, kommt es auch durch den flächendeckenden Einsatz von Antibiotika verstärkt zu Problemen. Antibiotikaresistenz, die auch uns Menschen schadet, ist hier nur ein Beispiel.

    Der Wandel des Lebensmittelsystems

    Unser Lebensmittelsystem befindet sich seit den 1950er-Jahren im Wandel und hat sich seither stark verändert – leider nicht nur zum Positiven. Damit beschäftigt sich auch die Dokureihe "You Are What You Eat" immer wieder. Neben der Studie der Uni Stanford geben die Filmemacher*innen auch Einblick in die Hintergründe der amerikanischen Lieferketten. Auch die Wurzeln der für die USA typischen Ernährungsweise haben sie beleuchtet: Verarbeitete Lebensmittel, Zucker, Fett, konzentrierte Kohlehydrate und rotes Fleisch stehen hier nach wie vor im Mittelpunkt. Diese Form der Ernährung entstand, genau wie in ähnlicher Form auch hierzulande, nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Menschen waren unterernährt und suchten vor allem nach Lebensmittel, die sie möglichst schnell satt machten. Der Aufschwung der Wirtschaft und die wachsende Industrialisierung taten ihr Übriges.

    Die Erde leidet unter unseren ungesunden Ernährungsgewohnheiten

    Mit unserem hoch industrialisierten Ernährungssystem auf der Basis von Qualzucht und Hochleistungsschlachthöfen zerstören wir neben dem Leben von vielen Milliarden Tieren und unserer Gesundheit unseren gesamten Planeten. Den Prozess dahinter kann man schon lange nicht mehr als "schleichend" bezeichnen. "You Are What You Eat" geht auch auf unseren Einfluss, den wir auf die Umwelt und das Klima haben, ein.

    Der bekannte Umweltaktivist und Journalist, George Monbiot aus Großbritannien kommt zu Wort und spricht unter anderem von Untersuchungen, die nahelegen, dass die Tierhaltung nicht nur für extreme Treibhausgasemissionen sorgt, sondern auch die Entwaldung in einem rasanten Tempo vorantreibt und Lebensräume und wertvolle Ressourcen für immer zerstört:

    "Der Viehsektor produziert mehr Treibhausgase als der gesamte globale Transportsektor. Wir stehen vor der größten misslichen Lage, in der sich die Menschheit je befunden hat: dem möglichen Zusammenbruch unserer Lebenserhaltungssysteme."

    Auch der brasilianische Erdsystemforscher Carlos Nobre findet:

    "Ich sehe ganz klar alle Menschen auf diesem Planeten in der Pflicht. Wir alle müssen unseren Fleischkonsum reduzieren!"

    Lesetipp: Laut einer Studie ist die Fleischindustrie für 60 Prozent aller Lebensmittel-Treibhausgase verantwortlich. Alles zu der wissenschaftlichen Arbeit aus dem Jahr 2021 erfahrt Ihr hier.

    Vegane Ernährung ist gut für die Gesundheit

    Mit veganer Ernährung tun wir unserem Herzen etwas Gutes. Was schon in zahlreichen Studien bewiesen und auch in Food-Dokumentationen wie "Forks Over Knifes" und "The Game Changers 1 & 2" thematisiert wird, findet auch in "You Are What You Eat" seinen Platz.

    Doch pflanzenbasierte Nahrung besitzt längst nicht nur diesen einen gesundheitlichen Vorteil. Die meisten Menschen profitieren spürbar davon – auch im Hinblick auf die Verdauung. Beim Abschluss des Experiments stellten die Forschenden fest, dass eine wichtige Darmbakterienart bei den Teilnehmenden mit der veganen Ernährungsweise zugenommen hatte: Das Bifidobacterium.

    Insgesamt zeigte sich im Experiment, dass vegane Ernährung die Darmgesundheit und damit das allgemeine Wohlbefinden verbessern kann. Der britische Epidemiologe Tim Spector sagt:

    "Die Mikroben in unserem Darm produzieren alle Chemikalien, die uns am Leben erhalten. Einige von ihnen werden mit ungesunden Lebensmitteln in Verbindung gebracht, andere mit gesunden. Das Verhältnis gesunde Lebensmittel zu ungesunde ist also essenziell für uns. Je gesünder wir uns ernähren, umso größer ist die Vielfalt und umso gesünder ist das Mikrobiom in unserem Darm."

    Neben diesen beiden gesundheitlichen Aspekten gibt es noch viele weitere, die laut der Studie für die vegane Ernährungsweise sprechen. Die Netflix Serie geht auf all diese Vorteile ein – vom langsameren Verfall der Zellen bis zur Hautgesundheit.

    Wenn Ihr neugierig geworden seid und Euch "You Are What You Eat" gerne anschauen möchtet: Die Food-Dokureihe ist seit dem 1. Januar auf Netflix verfügbar.

    1. Studie Science Daily: "Twin research indicates that a vegan diet improves cardiovascular health"
    2. Guardian Artikel: "Food apartheid: the root of the problem with America's groceries"

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