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    Im Gespräch mit Felix und Chris von Zahn

    "Bei unserem neuen Album haben die Instrumente die Richtung vorgegeben"

    Interview von Anne
    14.11.2023 — Lesezeit: 5 min
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    Im Gespräch mit Felix und Chris von Zahn
    Bild/Picture: © Zahn

    Zahn habt Ihr hier im Blog schon kennengelernt. Unter anderem durch mein Interview mit Felix (Gebhard) zur selbst betitelten Debüt-Platte. Weil jetzt das neue Album "Adria" in der Startgasse steht, haben wir uns wieder zum Gespräch verabredet. Chris (Breuer) war dieses Mal auch dabei.

    Musikalisch sind die drei Zahn Mitglieder keineswegs unbeschriebene Blätter. So hat Chris unter anderem schon bei Heads, LLYNCH und The Ocean mitgespielt, während Nic (Stockmann) neben Heads auch Teil von Eisenvater war. Felix kennt Ihr vielleicht als Live-Mitglied der Einstürzenden Neubauten. Dass sie gemeinsam zusammen Musik machen würden, war für sie immer klar. Mit ihrer neuen LP schalten Sie jetzt einen weiteren Gang hoch. Genießt das Interview und freut Euch auf Adria!

    Anne: Moin! Wie geht es Euch? Schön, dass Ihr Euch die Zeit nehmt!

    Chris: Sehr gut! Danke, ich hoffe, Dir auch. Es ist viel los gerade, aber "wenig los" wäre auf jeden Fall die schlechtere Variante.

    Anne: Ich freue mich, dass wir uns endlich mal über Euer kommendes Album unterhalten können. Es ist ja schon eine Weile her, seit ich mit Dir, Felix über Euer Debüt "Zahn" gesprochen habe. Die neue Platte heißt "Adria" und erscheint am 24. November. Dann ist schon alles soweit fertig und steht in den Startlöchern?

    Felix: Absolut! Der Fuß zuckt bereits auf dem Pedal.

    Anne: Was habt Ihr rund um den Release denn so alles geplant?

    Chris: Wir werden unser neues Album natürlich ausgiebig feiern. Erst mal im kleinen Rahmen und dann buchen wir gerade eine kleine Tour fürs kommende Frühjahr.

    Anne: Wie seid Ihr auf den Titel "Adria" gekommen? Ich muss da sofort an bunte Sonnenschirme und eine Mischung aus Eis und Sonnencreme denken. Die elf Songs stehen ja ziemlich im Kontrast zu diesem weichgespülten Bild.

    Felix: Chris hatte diese Vision von Wohnwagen oder Campingbussen mit dem Schriftzug "Adria" hinten auf dem Hochdach. Es hat sich dann bei uns allen als eine quasi-Assoziation festgesetzt – 1980-er Jahre, Sommerferien, staubige Autobahnen mit dem Geruch nach Abgasen, man sitzt auf dem Rücksitz, liest ein Asterix-Heft und fühlt sich etwas seekrank von dem Geschaukel. Bei mir schiebt sich dann immer noch ein Song von Adriano Celentano in den Kopf.

    Anne: Was hat Euch beim Schreiben dieses Mal besonders inspiriert?

    "Unsere musikalische Sprache ist umfangreicher geworden"

    Zahn – "Adria"
    Zahn – "Adria"

    Felix: In der Zeit nach dem ersten Album haben zahlreiche neue Musikinstrumente, vor allem diverse Synthesizer, ihren Weg in unseren Proberaum gefunden. Das Ausprobieren dieser neuen Geräte hat oftmals die Richtung eines Stückes vorgegeben. Unsere musikalische Sprache untereinander ist umfangreicher geworden, je besser wir uns im Laufe der Zeit kennengelernt haben, und so haben mit den neuen Stücken diverse andere Töne und musikalische Strukturen Gewicht bekommen.

    Anne: Ihr seid zu dritt. Schreibt Ihr Eure Songs komplett gemeinsam oder überlegt sich jeder ein paar Parts und anschließend tragt Ihr alles zusammen, verfeinert und schraubt die Songs zurecht?

    Felix: Oft hat Chris eine Grundidee, die er als Skizze aufnimmt und wir machen von da aus zu dritt weiter. Oder wir versuchen, zwei Ideen miteinander zu kombinieren und darüber ergibt sich gemeinsam eine dritte Idee. Es ist von Stück zu Stück unterschiedlich. Spannend ist, wenn im Prozess dann etwas völlig Ungeahntes, Ungeplantes entsteht.

    Anne: Ich finde ja Eure Plattencover immer ziemlich gelungen. Das letzte Mal war es ein ziemlich trashiges Milchkännchen, das Du ausgegraben hattest, Chris. Bei "Adria" ist ein in die Jahre gekommener Pool, der irgendwie an einen David Lynch Film erinnert. Kam die Idee wieder von Dir?

    Chris: Ja, die grundlegenden Ideen stammen von mir. Die kreative Umsetzung erfolgte durch Fabian Bremer, und die Adria-Fotos stammen von Lupus Lindemann. Manchmal passt einfach alles perfekt zusammen. Früher lag mein Fokus stärker darauf, ästhetisch ansprechende Cover zu haben. Inzwischen ist es mir wichtiger, Bilder zu nutzen, die kraftvoll und/oder verwirrend sind und weniger dekorativ wirken. Schönheit langweilt mich.

    Anne: Apropos Film: Höre ich da (zum Beispiel beim Song "Idylle") die Liebe für gute Filmmusik raus oder täusche ich mich?

    "Der Song 'Idylle' haben wir Angelo Badalamenti zu Ehren geschrieben"

    Zahn
    Zahn

    Felix: Du täuschst Dich nicht. Ich persönlich habe bei vielen Zahn-Stücken von vorneherein Soundtrack-Assoziationen.

    Anne: Insgesamt scheint sich dieser "Retro Movie Vibe" durchzuziehen, oder? Ihr habt nicht zufällig vor, einen Film zu vertonen? Sag mir bitte unbedingt Bescheid, wenn es so weit ist, ich möchte ihn sehen!

    Felix: Wir sind da offen für alles. Ich finde, dass durchaus die Chance besteht, dass wir eines Tages mal an Filmmusik arbeiten werden. Bei "Idylle" haben wir es etwas offensichtlicher werden lassen und es ist eine kleine Verbeugung vor dem im vergangenen Jahr leider verstorbenen Angelo Badalamenti daraus geworden.

    Anne: Ihr habt wieder in der Mühle aufgenommen, dem Studio, in dem unter anderem auch The Ocean ihre Songs aufnehmen. Ich habe schon einiges über diesen wunderbaren Ort gehört. Was unterscheide die Mühle von anderen Studios?

    "Dieses Studio ist wie für uns gemacht!"

    Zahn – "Adria"
    Zahn – "Adria"

    Felix: Der Aufnahmeraum in der Mühle hat zu allererst einmal einen Klang, der wie für Zahn gemacht ist. Und unsere Zusammenarbeit mit Peter Voigtmann ist mittlerweile ziemlich natürlich und schnell, da wir vier sehr unkompliziert miteinander kommunizieren können. So stellte sich gar nicht erst die Frage, ob wir für das zweite Album irgendwo anders hingehen. Die Lage der Mühle ist natürlich ein Bonus – es ist entscheidend entspannter, während einer Aufnahmepause vors Haus zu treten und auf einer Pferdewiese zu stehen, als am Kottbusser Tor in Kreuzberg.

    Anne: Und Magnus Lindberg (Cult of Luna, EF, Oh Hiroshima, Blessings, Soonago, OK Wait, etc.) war auch mit von der Partie? Wie war es, mit ihm zu arbeiten?

    Felix: Nun, die Zusammenarbeit fand über Filesharingportale statt, wir haben nicht hinter ihm gesessen, während er an den Stücken gearbeitet hat. Aber Chris und Nic haben in der Vergangenheit bereits mit ihm zusammengearbeitet und wir hatten das Gefühl, dass er der Richtige für das Mischen und Mastern dieses Albums sein würde. Was sich dann auch bewahrheitet hat, wir waren von seinen ersten Vorschlägen an begeistert.

    Anne: Was hat sich seit Eurem Debut 2021 für Euch verändert?

    Felix: Wir sind als Band gereift und haben unseren Horizont noch mehr erweitert, als er ohnehin von vorneherein war. Und wir haben festgestellt, dass wir künstlerisch mit Zahn alles machen können, worauf wir drei Lust haben. Um es mit Tom Petty zu sagen : "The sky is the limit".

    Anne: Chris, die Musik ist Dein Leben. Wenn Du nicht selbst gerade Songs schreibst oder mit Deiner Band probst, stellst Du bei Crazysane andere Künstler*innen ins Rampenlicht. Wusstest Du schon immer, dass es so kommen würde? Wie alt warst Du, als dieser "magische Sog" anfing, Dich anzuziehen?

    Chris: Musik ist definitiv ein großer Teil meines Lebens, aber Gott sei Dank nicht nur. Das ganze ging sehr früh bei mir los; mit Dead Kennedys, Spermbirds, Metallica und einem grauenhaften Haarschnitt.

    Anne: Wie war das beim Rest der Band?

    Felix: Ich habe ungefähr mit 17 angefangen, Gitarre zu spielen und bin seitdem eigentlich durchgängig in Bands gewesen. Das sind jetzt schon ein paar Jahre.

    Anne: Ich finde ja, die Welt braucht mehr experimentelle Rockmusik. Dass es Euch da ähnlich geht, merkt man Eurer Musik auf jeden Fall an. Wie schätzt Du als "Insider" die Szene im Moment ein? Es ist ganz schön was los, oder?

    "Wir wollen so oft wie möglich auftreten!"

    Felix: Bestimmt. Aber den Eindruck hatte ich eigentlich schon immer. Zumal es ja auch nicht die eine Szene gibt, sondern tausende. Es gibt viel zu entdecken.

    Anne: Am 24. November erscheint "Adria" und Ihr steckt mitten in der Vorbereitung. Habt Ihr schon Pläne für die Zeit danach?

    Felix: Wir werden 2024 so viel wie möglich live spielen.

    Anne: Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast! Ich wünsche Euch viel Erfolg für den Release!

    Felix und Chris: Vielen Dank!

    Zahn – "Apricot"

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