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    Eurobarometer bestätigt Ruf nach Tierrechten

    Die Menschen in der EU wünschen sich besseren Tierschutz

    Beitrag von Anne
    27.10.2023 — Lesezeit: 5 min
    Eurobarometer bestätigt Ruf nach Tierrechten

    Die Forderung an die Kommission, ihr Versprechen endlich einzulösen, für mehr Tierwohl zu sorgen und die Käfighaltung von "Nutztieren" EU-weit zu verbieten, wird immer lauter. Das geht aus den Ergebnissen der Eurobarometer-Umfrage1 zur Einstellung der EU-Bürger*innen zum Thema Tierschutz hervor, welche die Europäische Kommission kürzlich veröffentlichte. Die Humane Society International2 gab dazu jetzt eine Mitteilung heraus.

    Den Erwartungen der Organisation sowie zahlreicher Tierrechtsaktivsmus-Gruppen entsprechend bestätigen die Umfragedaten, dass die große Mehrheit der Europäer*innen (84 Prozent) und damit auch der Deutschen (90 Prozent) finden, dass das Wohlergehen der "Nutztiere" besser geschützt werden muss.

    Mindestens acht von zehn der Befragten sind überzeugt, dass die Gewährleistung darüber, dass Tiere nicht in Einzelkäfigen gehalten werden, ein wichtiger Faktor ist, damit wir unserer ethischen Verantwortung den Tieren gegenüber gerecht werden.

    Das Ende des Käfigzeitalters

    Dr. Joanna Swabe, Senior Director of Public Affairs bei Humane Society International/Europe, kommentierte die Umfrage wie folgt:

    "Die heute veröffentlichten Eurobarometer-Ergebnisse bestätigen eindeutig, dass die Bürger*innen in allen EU-Mitgliedstaaten die Förderung des Tierschutzes in außerordentlich hohem Maße unterstützen. Es war kein Geheimnis, dass diese Umfrage schon vor vielen Monaten durchgeführt wurde, aber es wird gemunkelt, dass die Kommissionsleitung die Ergebnisse unterdrückt hatte, da sie nicht bereit war, die klaren Tierschutzverpflichtungen einzuhalten, die sowohl in der EU-Strategie 'Vom Hof auf den Tisch'3 auch in der offiziellen Antwort auf die Europäische Bürgerinitiative zur Beendigung des Käfigzeitalters ('End the cage age')4 enthalten sind."

    Der neue Leiter des europäischen Green-Deal-Programms Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič brach während einer parlamentarischen Anhörung Anfang Oktober das Schweigen der Kommission über ihr Versäumnis, das versprochene Paket von Legislativvorschlägen zur Überarbeitung und Erweiterung der bestehenden EU-Tierschutzvorschriften vorzulegen.

    Šefčovič teilte mit, dass die EU alle Vorschläge mit Ausnahme des die Tiertransporte betreffenden in absehbarer Zeit auf Eis legen werde. Im Vorfeld der EU-Wahlen zeigt die Eurobarometer-Umfrage sehr deutlich, dass den Menschen in der EU der Tierschutz wichtig ist. Die Ergebnisse der Umfrage sind ein weiterer wichtiger Hinweis darauf, wie sehr sich die Europäer*innen wünschen, dass die EU ihrer Verpflichtung zur Abschaffung der Haltung von Tieren in Käfigen nachkommt.

    Joanna Swabe sagt dazu:

    "Das Ignorieren der immensen Unterstützung der Bürger*innen für einen besseren Tierschutz und die Nichteinhaltung der Zusagen der Kommission, diese Gesetzesreformen durchzuführen, ist ein Affront gegenüber den Millionen von EU-Bürgern*innen, die eine bessere Behandlung von Nutztieren wünschen.

    Es sind noch wenige Monate bis zu den Europawahlen und der Rückzieher der Kommission im Hinblick auf den Tierschutz birgt die Gefahr, dass das Vertrauen der Bürger*innen in die europäischen Institutionen und in deren tatsächliche Arbeit für sie und ihre Interessen schwindet."

    Die geltenden EU-Rechtsvorschriften gelten nicht mehr als zweckmäßig

    Nicht nur die breite Öffentlichkeit unterstützt die verbesserten Tierschutzvorschriften. Die Kommission stellte im Rahmen des REFIT-Programms, dass sicherstellen soll, dass die EU-Rechtsvorschriften ihre Ziele erreichen, fest, dass die derzeit geltenden Tierschutzvorschriften nicht mehr zweckmäßig sind.

    Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erstellte wissenschaftliche Gutachten5 über das Wohlergehen von Tieren in landwirtschaftlichen Betrieben, aus denen hervorgeht, dass landwirtschaftliche Nutztiere komplexe Bedürfnisse haben, die in engen Käfigen und Boxen nicht erfüllt werden können.

    Im Hinblick auf das Wohlergehen der Tiere gehen aus den Ergebnissen der Befragung folgende Details hervor:

    • 90 Prozent der Europäer*innen vertreten die Ansicht, dass Landwirtschafts- und Zuchtpraktiken grundlegenden ethischen Anforderungen entsprechen sollten.
    • 91 Prozent der Europäer*innen und 92 Prozent der Deutschen halten es für wichtig, dass das Wohlergehen von "Nutztieren" geschützt wird. Damit soll in ihren Augen sichergestellt werden, dass sie unter angemessenen Bedingungen leben.
    • 67 Prozent der Europäer*innen wünschen sich mehr Informationen über die Haltungsbedingungen von "Nutztieren" wie Rindern, Hühnern, Puten und Schweinen.
    • Mehr als acht von zehn der Befragten empfinden es als wichtig, dass alle 27 EU-Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass "Nutztiere" genügend Futter und eine angepasste Umgebung haben, die ihre Grundbedürfnisse erfüllt. 94 Prozent der Deutschen möchten diese Bedingungen für "Nutztiere".
    • In allen 27 EU-Mitgliedstaaten sind mehr als acht von zehn Befragten (94 Prozent der Deutschen) der Ansicht, dass es wichtig ist, dass "Nutztiere" genügend Platz haben, um sich hinzulegen, zu bewegen und aufzustehen.
    • Mindestens acht von zehn Befragten in allen 27 EU-Mitgliedstaaten (93 Prozent der Deutschen) finden es wichtig, sicherzustellen, dass die Personen, die Umgang mit Tieren haben, über ausreichende Fähigkeiten und eine geeignete Ausbildung verfügen, damit sie unserer ethischen Verantwortung gegenüber den Tieren gerecht werden.
    • In allen 27 EU-Mitgliedstaaten sind mehr als drei Viertel der Befragten (mehr als neun von zehn der Deutschen) der Meinung, dass ein Verbot des Abschneidens bestimmter Körperteile der Tiere, (es sei denn es ist zum Schutz der Sicherheit der Arbeiter*innen bzw. Landwirt*innen und dann ausschließlich unter Narkose) notwendig ist. Sie sehen es als wichtige Voraussetzung für die Erfüllung unserer ethischen Verantwortung gegenüber den Tieren.
    • 75 Prozent halten die Praxis der Tötung eintägiger männlicher Küken für inakzeptabel.
    • Mehr als sechs von zehn Europäer*innen (71 Prozent der Deutschen) finden, dass die EU-Tierschutzvorschriften auch für aus Nicht-EU-Ländern importierte Lebensmittel gelten müssen.
    • Sechs von zehn Europäer*innen (79 Prozent der Deutschen) sind bereit, mehr für Produkte aus artgerechter Tierhaltung zu bezahlen. Sechs von zehn Europäer*innen (acht von zehn Deutschen) achten beim Kauf von Lebensmitteln auf Etiketten, die auf Produkte aus artgerechter Tierhaltung hinweisen.

    "Vom Hof auf den Tisch"

    Die Europäische Kommission veröffentlichte 2020 ihre Strategie "Vom Hof auf den Tisch". Diese befasst sich mit einem fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystem als Teil des Flaggschiff-Pakets zum Europäischen Green Deal. Sie verpflichtet sich darin dazu, die bestehenden Tierschutzvorschriften zu überarbeiten. Das soll den übergeordneten Zielen dienen, sie an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen, ihren Geltungsbereich zu erweitern, ihre Durchsetzung zu erleichtern und letztlich ein höheres Tierschutzniveau zu gewährleisten.

    Ursprünglich war geplant, das Gesetzespaket im dritten Quartal 2023 zu veröffentlichen. Die Kommission versprach als Reaktion auf die europäische Bürgerinitiative zur Beendigung der Käfighaltung zudem, bis Ende 2023 Vorschläge zur Beendigung der Käfighaltung vorzulegen. Die Initiative hatte dafür fast 1,4 Millionen gültige Unterschriften gesammelt.

    Unter dem Eurobarometer versteht man heute das offizielle Instrument zur Meinungsforschung. Die Europäische Kommission setzt es zur Beobachtung der öffentlichen Meinung zu EU-Themen und der Einstellung der Europäer*innen ein.

    Erste Verbote

    Vor der aktuellen Veröffentlichung war der Eurobarometer-Sonderbericht 442 über die Einstellung der europäischen Bürger*innen zum Tierschutz die letzte EU-weite Umfrage zu diesem Thema. Sie wurde im Jahr 2016 veröffentlicht. Damals gaben mehr als neun von zehn Befragten in der EU an, dass sie es für wichtig halten, das Wohlergehen von Nutztieren zu schützen. Das sind 94 Prozent.

    Die Käfighaltung für Legehennen in sogenannten "ausgestalteten Käfigen" sowie das routinemäßige Töten von Küken ist in Deutschland nicht mehr erlaubt. Auch die Haltung in Kleingruppen wird Ende 2025 (für "besondere Härtefälle" bis 2028) verboten. In Schweinezucht-Betrieben müssen Kastenstände (Metallgestänge zur Fixierung von Muttersauen) bis 2029 im Deckzentrum abgeschafft werden. Bis 2036 dürfen Zuchtsauen nur maximal fünf Tage rund um die Geburt darin eingesperrt werden.

    1. Eurobarometer-Umfrage – "Attitudes of Europeans towards animal welfare"
    2. Die Humane Society International setzt sich in mehr als 50 Ländern für das Wohlergehen von Tieren ein. Die Organisation arbeitet weltweit an der Förderung der Bindung zwischen Mensch und Tier. Sie rettet Hunde und Katzen und schützt das Wohlergehen von "Nutztieren". Sie schützt Wildtiere und fördert tierversuchsfreie Tests und Forschungsprojekte. Sie reagiert auf Naturkatastrophen und bekämpft Grausamkeit gegenüber Tieren in jeglicher Form.
    3. Aktuelles Europäisches Parlament – EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch": gesündere und nachhaltigere Lebensmittel
    4. Register of Commission Documents – Offizielle Antwort auf die europäische Bürgerinitiative zur Beendigung des Käfigzeitalters ("End the Cage Age")
    5. European Food Savety Authority – Wissenschaftliches Gutachten Animal Welfare

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