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    Barrens im Interview

    "Endlich können wir unsere Musik live spielen"

    Interview von Anne
    29.04.2022 — Lesezeit: 7 min
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    Barrens im Interview
    Bild/Picture: © Barrens

    Barrens haben gerade ihre verschobene Tour mit God Is An Astronaut abgeschlossen. Das Post-Rock Trio aus Schweden arbeitet derzeit an einem neuen Album. Ihr Vorgängerwerk "Penumbra" ist auf Pelagic Records erschienen und fand live großen Anklang. Ich hatte jetzt die Gelegenheit, sie zu interviewen.

    Anne: Hallo! Wie geht es Euch heute? Danke, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Interview nehmt!

    Barrens: Hallo! Uns geht es gut, danke. Im Moment sind wir in unserem Van auf dem Weg nach Wiesbaden, um heute Abend im Schlachthof mit God Is An Astronaut zu spielen. Wir sind an einem wunderschönen Ort außerhalb von Utrecht aufgewacht, nachdem wir gestern Abend eine ausverkaufte Show im De Helling gespielt haben, ebenfalls mit GIAA, also ist das Leben im Moment ziemlich gut.

    Anne: Ich finde es spannend, dass Ihr mit God An Astronaut auf Tour seid! Wie läuft es bis jetzt? Wie versteht Ihr Euch?

    Barrens: Ja, wir spielen heute Abend unsere siebte und letzte Show für den Frühlingsteil unserer Tour mit ihnen, und bis jetzt war es ausgezeichnet. Man hat sich sehr gut um uns gekümmert, und es ist ein Vergnügen, mit den Jungs von GIAA und ihrer Crew zu arbeiten. Wir könnten uns keine besseren Partner*innen für unsere Tour wünschen.

    "Wir lieben es, auf der Bühne zu stehen"

    Anne: Wie fühlt es sich an, in einer großen Halle mit vielen Leuten zu spielen, nachdem ihr zwei Jahre lang aufgrund der weltweiten Pandemie-Situation nicht auf Tournee wart?

    Barrens: Es fühlt sich fantastisch an, diese Musik endlich live zu performen. Als wir "Penumbra" fertiggestellt und veröffentlicht hatten, wollten wir auf Tour gehen und so viel wie möglich spielen. Dann hat uns der Stillstand durch die Pandemie leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Tour sollte fünf Wochen dauern und wurde so oft verschoben und geändert, dass wir fast verzweifelt waren und schon daran gezweifelt haben, ob sie überhaupt noch stattfinden wird. Jetzt war es endlich soweit. Es sind nicht so viele Shows geplant, wie ursprünglich, aber wir machen das Beste daraus. Und wir haben jede Menge Spaß bei den Gigs, die wir spielen können! Die Resonanz des Publikums war hervorragend. Obwohl wir eine Vorband sind, standen immer schon viele Leute vor der Bühne, bevor wir sie überhaupt betreten hatten. Es sind auch viele zu uns gekommen und haben uns erzählt, dass sie wegen God Is An Astronaut und wegen uns zum Konzert gekommen sind. Und wir haben jede Menge neue Fans gewonnen. Es ist wirklich überwältigend.

    Anne: Ich habe einige Gerüchte darüber gehört, dass ihr an neuer Musik arbeitet. Sind sie wahr? Wir lieben Euer 2020er Album "Penumbra" und sind mehr als gespannt, wie es weitergeht! Was steht für Barrens als Nächstes auf dem Plan?

    Barrens: Wir spielen auf dieser Tour zwei neue Songs. Man könnte das als eine Art "Road-Test" bezeichnen. Da wir "Penumbra" geschrieben und aufgenommen haben, ohne Shows spielen zu können, war das Album ein echtes Experiment. Es hat Spaß gemacht, diese Songs endlich auf die Bühne zu bringen und herauszufinden, wie sie live funktionieren. Einige der Stücke von "Penumbra" haben sich ein bisschen verändert und einige haben so funktioniert, wie sie geschrieben und aufgenommen haben. Es hat Spaß gemacht, all das herauszufinden . Es dient uns auch als Leitfaden für das Komponieren von neuem Material. Wir lieben es, live zu spielen und wollen, dass die neuen Stücke die Energie und die Stimmung, die wir bei den Shows haben. Sie sollen ein logischer nächster Schritt nach "Penumbra" sein.

    Anne: In Euren Songs kombiniert Ihr die sehr düstere Seite der Post-Musik mit ihrer leichteren. Wie seid ihr darauf gekommen? Das spiegelt ziemlich gut die allgemeine Stimmung wider – vor allem die der letzten Jahre. Oder würdest du sagen, dass das Leben im Allgemeinen so ist?

    Ein hoffnungsvolles Licht

    Barrens: Außer vielleicht bei ein paar Dingen, haben wir in der Regel keinen Masterplan, was den Sound angeht. Wir wollten Synthesizer benutzen und uns gefällt Instrumentalmusik. Also wollten wir sehen, was wir als Trio in die Richtung machen können. Stimmungsmäßig befanden wir uns alle in einer transformativen Phase unseres Lebens. Das Konzept der Metamorphose/Veränderung/Navigation durch blendendes Licht/Dunkelheit hat sich also ganz von alleine ergeben. Das ist natürlich zum Teil vom Zeitgeist beeinflusst, führte aber auch in vielerlei Hinsicht in die folgenden Jahre. Es kann keine Dunkelheit ohne Licht geben und umgekehrt – das ist eine grundlegende Wahrheit. Wir gehen durch dunkle Zeiten, aber es gibt verschiedene Grade und Schattierungen von Dunkelheit und ein hoffnungsvolles Licht, das nie erlischt.

    Nach mehr als 20 bis 25 Jahren in unterschiedlichen Bands, sind wir mehr oder weniger wir selbst geblieben. Wir machen Musik, weil wir es müssen. Wir verdienen kein Geld damit. Wir kommen viel ärmer nach Hause, als wir gegangen sind, aber so ist es nun mal. Wenn der Tag kommt, an dem das für uns nicht mehr machbar ist, werden wir entscheiden müssen, was wir dann tun. Aber im Moment ist es in Ordnung. Wir haben das Glück, verständnisvolle Partner*innen und Familien zu haben, die uns und unsere Arbeit unterstützen und wir haben Jobs, bei denen wir uns zum Spielen freinehmen können. Das ist für uns in dieser Situation von grundlegender Bedeutung. Eine Band wie unsere kann nicht von der Musik leben. Es geht um Hingabe, harte Arbeit, Aufopferung und an den Glauben daran, dass ich alles zum Besten entwickelt. Ich denke, das spiegelt sich auch in unserer Musik wider.

    Anne: Was versetzt Euch in die Stimmung, neue Stücke zu schreiben? Gibt es etwas, das Ihr als eine unendliche Quelle der Inspiration bezeichnen würdest?

    "Man muss die Inspiration nutzen, solange sie da ist"

    Barrens: Inspiration ist eine flüchtige Sache. Sie ist wie ein seltener Vogel, der nur selten auf Deinem Rasen landet. Für den Fall, dass er vorbei kommt, solltest Du auf jeden Fall Deine Kamera parat haben. Den Rest der Zeit ist harte Arbeit gefragt. Das bedeutet oft stundenlanges Grübeln über jede Note und jeden Trommelschlag. Natürlich gibt es auch Zeiten, in denen es einfacher ist, einem Gedankengang von Anfang bis Ende zu folgen. Manchmal ist es jedoch auch ziemlich schwierig. Wir leben in verschiedenen Städten und haben nicht die Möglichkeit, uns mehrmals in der Woche zu treffen, um zu proben und auf diese traditionelle Weise zu arbeiten, also müssen wir anders arbeiten. Wir haben eine Menge Demos, Riffs und Ideen, die wir zusammensetzen und ausprobieren, wenn wir uns sehen. Manchmal klappt es, oft aber auch nicht. Aber genau darum geht es ja. Wir besprechen Konzepte und Bilder, die wir vermitteln möchten, und sehen, was wir daraus machen können. Obwohl, igitt! Jetzt wo ich darüber nachdenke, finde ich, dass das keine besonders spannende Antwort ist. Ich schätze, im Endeffekt machen es alle Bands so.

    Anne: Manche Bands erzählen mir, dass sie ihre Musik und Politik strikt trennen. Manche nutzen sie als ihre politische Stimme. Wenn es eine Skala gäbe, die das veranschaulicht: An welcher Stelle würdet Ihr Euch einordnen?

    Barrens: Bei Barrens geht es nicht darum, politische Statements abzugeben. Gleichzeitig ist wohl alles im Leben auf die ein oder andere Weise politisch. Ich denke, dass Musik und Kunst eine Reflexion der Gesellschaft sind. Sie sind Produkte ihrer Zeit.

    Anne: Ihr habt euch 2018 als Trio gegründet. Zwei von euch kommen von der Malmöer Band Scraps Of Tape. Würdet Ihr Barrens als die Fortsetzung von SOT bezeichnen oder ist es ein komplett neues Projekt?

    "Mit Barrens haben unsere Ideen endlich ein Zuhause bekommen"

    Barrens: Nein, Barrens ist keine Fortsetzung von Scraps Of Tape. Barrens ist ein neues Projekt, in dem bestimmte Ideen und Stile, die bei S.o.T. nicht funktionieren, ein Zuhause gefunden.

    Als wir Barrens gestartet haben, hatten wir bestimmte Ideen, die wir erforschen wollten. Leider musste Scraps Of Tape aus verschiedenen Gründen pausieren. Diese Auszeit haben wir genutzt, um sie zu erforschen und zu entdecken, was aus Barrens werden kann.

    Anne: Johan, diese Frage geht an Dich: Wir haben uns während der Auszeit im Jahr 2020 über die sozialen Netzwerke kennengelernt. Ich habe Dich letztes Jahr auch zu Deinem Soloprojekt interviewt. Du hast Deine Hände in vielen Projekten, wie Blessings und Barrens, und auch mit Scraps of Tape hast Du sieben Alben veröffentlicht. Ich stelle mir das ziemlich intensiv vor. Gibt es Zeiten, in denen Du nicht im Studio arbeitest, Musik schreibst oder mit einer Deiner Bands auf Tour bist? Wie schaffst Du es, bei all diesen fabelhaften Projekten dabei zu sein?

    "Wir haben sehr verständnisvolle Partner*innen"

    Barrens: Vielen Dank für das Interesse an meiner Arbeit! Ich weiß das sehr zu schätzen! Musik ist nicht mein Vollzeitjob. Ich bin Lehrer und all diese Musiksachen müssen "nebenbei" laufen. Ich habe auch eine Familie und bin Vater heranwachsender Kinder – genau wie die anderen Barrens Mitglieder. Wenn man alle Projekte, in die ich involviert bin, nebeneinander stellt, sieht es nach viel aus, aber, wie alles im Leben, funktionieren die Dinge in Zyklen. Es kommt nicht allzu oft vor, dass alle Bands zu 100 Prozent gleichzeitig aktiv sind. In der Regel ist es daher ziemlich einfach, die Dinge im Fluss zu halten. Es kann ehrlicherweise auch mal zu viel werden, meistens klappt es jedoch. Ich habe das Glück, mit rücksichtsvollen Leuten zusammenzuarbeiten und habe eine sehr verständnisvolle Partnerin. Ich muss aber auch zugeben, dass es schwieriger wird, je älter man ist. Man steht nicht mehr einfach auf und bricht zu einer Tour auf, wie früher. Man hat Verantwortung, die Kinder brauchen einen, und der Körper ist nicht mehr so stark wie früher. Ich versuche aber, so viel wie möglich zu tun, so lange es mir möglich ist.

    Anne: Habt Ihr ein Ritual, bevor Ihr auf die Bühne geht?

    Barrens: Nein, nicht wirklich. Wir nehmen das, was wir tun, sehr ernst und konzentrieren uns bei Konzerten darauf, so gut wie möglich zu performen, so viel Spaß wie möglich zu haben und mit dem Publikum in Kontakt zu treten. Wir stellen sicher, dass alles gut funktioniert und schaffen die besten Voraussetzungen, um jede Show so gut wie möglich zu gestalten. Wir wollen auch den Leuten gegenüber respektvoll sein, die an allen Veranstaltungsorten und auf der Bühne hart arbeiten. Sie tragen ebenso wie wir dazu bei, dass jede Show ein positives Erlebnis wird. Wir sind an einem Konzertabend alle Teil des gleichen Teams, und man muss sich respektvoll verhalten.

    Anne: Danke, dass Ihr meine Fragen beantwortet habt! Alles Gute für Eure kommenden Tourneen und die Album-Pläne! Bleibt gesund!

    Barrens: Vielen Dank für Dein Interesse und die guten Wünsche. Bleib gesund. Hoffentlich sprechen wir uns bald wieder!

    Barrens – "Atomos"

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