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    "Unmaker" von LLNN

    Post-apokalyptischer Sound aus Kopenhagen

    Review von Anne
    17.09.2021 — Lesezeit: 3 min
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    "Unmaker" von LLNN
    Bild/Picture: © LLNN

    Am 24. September erscheint ein Album, dass Ihr Euch auf alle Fälle schon mal vormerken solltet: "Unmaker" von LLNN ist ein Paradebeispiel für düsteren, harten Post-Metal. Wenn Euch dieses Genre begeistert, führt kein Weg an diesem Monolithen vorbei.

    Der erste Song "Imperial" ist klangvoll und bedrohlich, hart und energiegeladen. Schweißtreibende schwere Bässe lösen sich mit dröhnenden Gitarrenriffs ab. Ich finde, das macht richtig Laune.

    "Chaotische Zeiten bringen düstere Sounds"

    Als Nächstes folgt "Desecrator" LLNN Sound Designer Ketil G. Sejersen beschreibt den Song so:

    "In chaotischen Zeiten sprießen chaotische Klang-Vibrationen in Form von pulverisierender Energie, Verzweiflung und Schwere. Genau davon handelt dieser Song."

    LLNN – "Unmaker"
    LLNN – "Unmaker"

    Was krass klingt, ist es auch. Der zweite Track auf der Platte verzichtet in seinen 4:13 auf Gehörschutz. Er holt die Hörer*innen da ab, wo wir alle uns gerade befinden: Auf einer Welle der Verwirrung und des Zweifels, ungewiss, was uns an der nächsten Ecke begegnen wird. Gleichzeitig ist er eine guturale Einladung, weiter in den Sounduntergrund von LLNN einzutauchen und die Finsternis und Schwere zu erforschen, die uns dort erwartet.

    Klaustrophobie und Futurismus

    Weiter geht es mit "Obsidian". Hier bin ich endgültig gelandet in der futuristischen Welt von LLNN. Der Song zeichnet eine intensive Zukunft, die uns noch bevorsteht. Ich sehe die dichten, Klaustrophobie hervorrufenden Kriechräume und ätzenden Scanner-Lichter, die der Band beim Komponieren laut eigener Aussage vorschwebten beim Hören vor meinem inneren Auge.

    "Vakuum" legt anschließend noch eine Schippe drauf. Mit 2:12 ist der mystische beginnende Track der kürzeste auf der Platte. Er wirkt wie ein Rätsel. Ein bohrendes Dröhnen breitet sich aus und fesselt meine Aufmerksamkeit. Klanglich ist "Vakuum" ein echtes Meisterwerk – ich wünsche es mir als Filmmusik für einen dystopischen Kurzfilm – Verfolgungswahn inklusive. Besonders gut gefallen mir hier die Shouts, die plötzlich auftauchen, um anschließend wieder im Nebel zu verschwinden.

    "Scion" beginnt mit dramatischem Gesang. Hier gibt es keinen Platz für ein langes Intro. Was gesagt werden muss, muss gesagt werden. Dennoch fällt der Song nicht mit der Tür ins Haus. Für mich ist er die Fortsetzung seines Vorgängers und der perfekt übersteuerte Höhepunkt der Platte. Ich höre hier Amenra raus aber auch Year Of No Light und Einflüsse aus der Industrial-Ecke.

    "Unmaker" erzählt viele Geschichten

    Schön, wie sich die Platte entwickelt. Den Worten von Sänger und Gitarrist Christian Bonnesen zum nächsten Song "Interloper" kann ich wohl kaum noch etwas hinzufügen. LLNN haben seine Worte einfach zu perfekt vertont:

    "In dem Song geht es darum, sich wertlos zu fühlen. Für immer dazu verdammt, mit den Kindern am Esstisch zu sitzen und mit den Resten der Banketts der König*innen abgespeist zu werden."

    LLNN
    LLNN

    Jeder Song erzählt seine eigene Geschichte. Insgesamt entsteht so ein monumentales Epos, das Ihr auf jeden Fall an einem Stück hören solltet, wenn es so weit ist.

    "Division" und "Forger" machen Tempo

    "Division" schiebt das Tempo voran und zieht mich noch näher an den Abgrund. Verdammt, ich möchte dieses Stück live erleben. Den aufwirbelnden Staub unter den Füßen des stampfenden Publikums kann ich mir bildlich vorstellen.

    "Forger" startet in vollem Tempo, metallisch und ärgerlich – roh und wunderbar. Es folgt der mit 6:03 längste Song auf "Unmaker". Auf melodische Weise hält er an der Storyline fest und fährt nach einem kurzen, fast besinnlich wirkenden Auftakt sofort zu gewohnten Härte hoch, die sich mit spannenden Phasen der Ruhe abwechselt. Genau dieser Wechsel aus soliden Plateaus und nachdenklichen Momenten macht den Track zu meinem Lieblings-Song auf dem Album.

    LLNN
    LLNN

    Der nächste Song "Tethers" bietet anschließend einen guten Übergang. Er setzt eine weitere, kontrastreiche Landmarke. Für ein würdevolles Finale sorgt "Resurrection", das wie die Landung nach einem jahrelangen Erkundungsflug durch die Tiefen des Alls wirkt.

    Für mich haben LLNN mit ihrem dritten Album alles richtig gemacht. "Unmaker" passt in das Jahr 2021 und wird uns auch in Zukunft noch viel Freude machen.

    LLNN – zur Bandgeschichte

    In der Vergangenheit haben die Kopenhagener schon Konzerte auf dem Roskilde, dem Roadburn und dem ArcTanGent Festival gespielt und unter anderem eine Europatournee mit Bison bestritten. Es handelt sich bei LLNN also keineswegs um unbeschriebenes Blatt in der Post-Music Szene.

    Nach ihrem ersten Album "Loss" nahmen sie eine Split-EP mit Wovoka auf. 2018 erblickte dann das zweite Album "Deads" das Licht der Musikwelt. Es war bereits ungleich komplexer als der Erstling und ebnete den Weg für die nächste Woche erscheinende neue LP "Unmaker".

    Die Bandmitglieder berichten, sie haben mit "Deads" die Verschmelzung von Gitarren-, Bass- und Synthesizer-Schichten weiter erforscht. Mit ihrer neuen Platte konnten sie diese Fähigkeit ganz klar perfektionieren.

    Mir gefällt, dass die Stücke auf "Unmaker" dennoch keinesfalls zu überladen oder dicht wirken. Sie knallen einfach ordentlich und erzählen Geschichten aus einer post-apokalytischen Welt zwischen Science-Fiction, Horror und Film Noir/Psycho-Road-Movie.

    LLNN – "Desecrator"

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