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    Warum Leder so grausam wie Pelz ist

    Fließband des Todes

    Beitrag von Anne
    15.07.2020 — Lesezeit: 4 min
    Warum Leder so grausam wie Pelz ist

    Die Lederproduktion steht der Pelzproduktion in Sachen Grausamkeit und Umweltverschmutzung in nichts nach. In diesem Artikel möchte ich beleuchten, warum das so ist.

    Viele Menschen finden ihren Einstieg in die Tierethik und in das Thema Tierrechte, wenn sie sich mit Pelz beschäftigen. Auch bei mir war das so. Ich sah die Plakate und ging zu den Demos. Ich regte mich über Pelzträger*innen auf und schimpfte wie ein Rohrspatz (OK, das mache ich immer noch). Dabei wurde mir ziemlich schnell klar: Das ist nicht das Ende der Fahnenstange.

    Ich war damals bereits seit langen Jahren Vegetarierin und befand mich auf direktem Wege in den Veganismus. Die Bilder, die (vor allem durch den Film Earthlings ) ich aus der Lederindustrie sah, überzeugten mich schließlich, meine Entscheidung, in Zukunft auf Tierisches komplett zu verzichten, sofort und unumkehrbar durchzuführen.

    Ein Traditionsprodukt unter der Lupe

    Leder

    Leder ist robust und kann zu den verschiedensten Dingen verarbeitet werden: Autositze, Stiefel, Handtaschen, Sofas, Schlüsselanhänger, Federmäppchen, Rucksäcke. Die Liste ist schier endlos.

    Was uns die Verkäufer*innen, die uns dieses Traditionsprodukt aus vollem Herzen empfehlen, nicht sagen ist, dass Leder grausam ist, der Umwelt schadet und keineswegs (wie das so gerne erzählt wird) ein natürliches Produkt.

    Ebenso ist Leder kein Abfallprodukt aus der Fleischindustrie. Dieses Gerücht hält sich leider sehr hartnäckig, ist aber schlichtweg falsch. Zwar werden auch die Felle von Kühen aus der Milchindustrie zu Leder verarbeitet, sobald sie ihr Soll nicht mehr erfüllen und aussortiert werden. Die Tiere (vor allem Rinder), von denen die Haut stammt, aus der das Leder hergestellt wird, werden jedoch größtenteils eigens zu diesem Zweck gezüchtet.

    Tiere werden in der Lederindustrie besonders grausam behandelt

    Weil bei der Zucht und Haltung nicht darauf geachtet werden muss, dass ihr Fleisch schmeckt (Stress macht zäh), werden sie häufig besonders grausam behandelt. Die meisten bekommen das Tageslicht während ihres kurzen Lebens kein einziges Mal zu Gesicht. Sie leben in ewiger Dunkelheit.

    Ihr natürliches Verhalten wird komplett unterbunden. Sie stehen dicht an dicht. Damit das Leder nicht beschädigt wird, werden ihre Hörner gestutzt. Viele werden mit schmerzhaften Brandzeichen gekennzeichnet. Ihre Schwänze werden abgeschnitten. Das ist später bei der Verarbeitung einfacher.

    Diese Szenarien spielen sich längst nicht nur in fernen Länder ab. Laut PETA wird in Deutschland jedes Jahr rund 330.000 Kühe ohne vorherige Betäubung (diese ist vorgeschrieben) die Haut vom Körper geschnitten, bevor sie qualvoll ausbluten. Auch das Siegel "Made in Germany" schließt Grausamkeiten in der Lederherstellung auf keinen Fall aus. Zudem bezieht sich das Siegel ausschließlich auf die Weiterverarbeitung. Wo das Leder gegerbt wurde, bleibt offen.

    Gerbereien zerstören die Umwelt

    Leder

    Damit das Leder im Kleiderschrank und auf den Sitzen von Nobelkarossen nicht verrottet, muss es haltbar gemacht werden. Es wird gegerbt. In großen Bädern wird die Tierhaut in Formaldehyd, Mineralsalzen, auf Zyanid basierenden Farben sowie Auszügen aus Steinkohleteer eingeweicht. Das Ergebnis ist nicht nur verschiedenfarbiges Leder, sondern auch vergiftetes Grundwasser, umgekippte Flüsse und tote Wasserbewohner. Ganze Landstriche fallen den Gerbereien zum Opfer.

    Weil die Lederproduktion hoch gesundheitsschädlich ist, haben die großen Industrieländer sie in Länder der Dritten Welt ausgelagert. Man scheißt eben nicht, wo man isst. So ist das mit den reichen Menschen. Feine Lederschuhe möchte man natürlich haben. Dabei zuzuschauen, wie das Material dafür hergestellt wird, erspart man sich lieber.

    Eine aktuelle Recherche der Tierrechtsorganisation PETA beförderte auch in Bezug auf die faire Behandlung der Mitarbeiter*innen Unmenschliches zutage. Die Aktivist⋆innen besuchten beispielsweise Standorte der wachsenden Lederindustrie in Dhaka, Bangladesch. Im armen Wohnviertel Hazaribagh arbeiten rund 15.000 Menschen in über 200 Gerbereien. Viele davon sind Kinder.

    Grausame Arbeitsbedingungen in der Lederproduktion

    Die Arbeiter⋆innen waten dort barfuß mit nackten Beinen durch das giftige Abwasser. Sie haben permanent direkten Hautkontakt mit Chrom, Bleichmitteln und Säuren. Sie leiden unter chronischen Hautkrankheiten und erkranken früher oder später an Krebs. Auch auf Atemschutz wird aufgrund fehlender Aufklärung in den meisten Gerbereien verzichtet. Schwere Atemwegsbeschwerden sind an der Tagesordnung.

    Bei der schweißtreibenden Arbeit verlieren die Arbeiter⋆innen am Fließband immer wieder Finger. Es muss schnell gehen, die tägliche Stückzahl ist alles, was zählt. 90 Prozent von ihnen sterben noch bevor sie ihr fünfzigstes Lebensjahr erreicht haben.

    Kein Tier ist sicher

    Leder ist, genau wie Pelz, nur dann natürlich, wenn es von den Tieren getragen wird, deren Haut wir für unseren Luxus stehlen. Der Großteil des Leders, das weltweit verarbeitet wird, stammt von Kälbern, Kühen und Büffeln. Außerdem gibt es unter anderem Schafs-, Ziegen-, Pferde-, Lamm-, Schweine- und sogar Strauß- und Zebra-Leder. Fast keine Tierart ist vor dem lukrativen Geschäft mit der Haut sicher. Je exotischer das Tier, desto höher ist der Preis, der beim Verkauf erzielt werden kann. So werden auch immer wieder Kängurus, Elefanten, Walrosse, Alligatoren und Schlangen getötet.

    Über die Hälfte der Tiere fallen der Schuhproduktion zum Opfer. Es folgen Möbel, Lederbekleidung und die Autoindustrie. Was ich nicht wusste, bevor ich den Film Earthlings gesehen hatte ist, dass viele der Tierhäute aus Indien stammen. Genau wie vermutlich die meisten, dachte ich, dass Kühe dort gut behandelt werden, da sie ja als heilige Tiere gelten. Weit gefehlt. Auch PETA deckte jüngst wieder auf, wie dort alte, kranke und schwer verletzte Tiere verladen, übereinander gestapelt und schließlich gehäutet werden. Mit ihren spitzen Hufen und Hörnern fügen sie sich gegenseitig Verletzungen von Kratzern bis hin zu offenen Knochenbrüchen zu.

    Die Alternativen

    Nachhaltige Modehäuser bieten heute als Alternative häufig Leder an, das mit pflanzlichen Materialien gegerbt wurde. Die Tiere stammen aus Biotierhaltung. Allerdings endet auch ihr Leben (Genau wie das der Fleisch- und Milchrinder vom Biohof) im Schlachthof. Die Schlachtbetriebe machen dann keinen Unterschied mehr zwischen Bio- und "Normalrind". Am Fließband des Todes gibt es keine Zweiklassengesellschaft.

    Eine echte Alternative kann in Zukunft nur pflanzliches oder synthetisches Leder sein. Schon jetzt gibt es zahlreiche Varianten aus Ananasfasern, Traubenresten, Kork und Pilzen. Fast täglich tauchen auf dem Markt neue umweltfreundliche Produkte auf - garantiert cruelty free, vegan und genauso robust und wesentlich stylischer als das blutige Original.

    Quellen/Sources: PETA, Earthlings

    Die Rinder habe ich auf Sri Lanka fotografiert. Die Bilder der Tierrechtsaktivist⋆innen erspare ich Euch an dieser Stelle. Ihr findet sie untern den angegebenen Links.

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