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    Mikroplastik in der Kosmetikindustrie

    Umweltsünden aus der Tube

    Beitrag von Anne
    15.05.2018 — Lesezeit: 4 min
    Mikroplastik in der Kosmetikindustrie

    Das Thema Umweltverschmutzung durch Plastik habe ich hier schon einige Male gestreift. Auch Mikroplastik hat in dem ein oder anderen Artikel bereits Erwähnung gefunden. Heute möchte ich mich mal eingehend mit Mikroplastik in der Kosmetikindustrie beschäftigen.

    Um dieses Thema genauer zu beleuchten, habe ich ein paar Anläufe gebraucht. Das liegt einfach daran, dass ich bei der Recherche immer wieder auf neue Aspekte gestoßen bin, die es zu durchleuchten galt. Einen von ihnen außer Acht zu lassen, wäre für mich nicht infrage gekommen, da es mir besonders wichtig war, ein möglichst vollständiges Bild der Lage zu zeichnen.

    Zwei Arten von Mikroplastik

    Mikroplastik

    Laut Online-Enzyklopädie bezeichnet man als Mikroplastik kleine Kunststoffteilchen mit einer Größe von unter fünf Millimetern Durchmesser. Das liegt einer Definition der U.S. National Oceanic & Atmospheric Administration zugrunde. Unterschieden wird zwischen Mikroplastik-Partikeln, die durch den Zerfall von Kunststoff oder zum Beispiel durch das Waschen von Mikrofaserkleidung erzeugt werden (Sekundärer Mikrokunststoff) und jenen, die bewusst zu Gebrauchszwecken erzeugt werden (Primärer Mikrokunststoff).

    Letzteren möchte ich mich heute widmen. Sie kommen vor allem in der Kosmetikindustrie vor und werden zum Beispiel bei der Herstellung von Babywindeln als Superabsorber eingesetzt.

    Bereits seit einigen Jahren gibt es ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass die mikroskopisch kleinen Partikel die Umwelt schwer belasten. Dennoch kommen sie nach wie vor zum Einsatz. Verwendung finden Sie zum Beispiel als Schleifstoffe in Peelings und Zahnpasten. Es gibt sie jedoch auch in liquider sowie gel- und wachsartiger Form. Dann kommen sie vor allem als Schmierstoff oder Bindemittel zum Einsatz.

    Mikroplastik in Pflege- und Reinigungsprodukten

    Mikroplastik steckt in zahlreichen Produkten, die wir im Alltag einsetzen. Dazu zählen nicht nur Duschgel, Shampoo, Haargel und Co., sondern auch zahlreiche Putzmittel, Waschmittel, Cremes und Make-up-Produkte. Klingt eklig, oder? Ich meine: Wer möchte sich denn schon flüssiges Plastik ins Gesicht schmieren oder sein Geschirr damit spülen?

    Der Teufel steckt hier im Detail. Jahr für Jahr wurden uns von der Industrie mehr und mehr Mikrokunststoffe untergemogelt. Sie kommen in mehr Produkten vor, als wir glauben. Vor kurzem testeten ARD-Reporter verschiedenste Hersteller und stellten fest: Sogar zahlreiche als natürlich gekennzeichnete Produkte mit grünem Image enthalten Mikroplastik.

    Und das trotz einer Vereinbarung, die seit 2015 gilt: Damals besprach das Bundesumweltministerium mit der Kosmetikindustrie den freiwilligen Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik. Dieser bezieht sich allerdings ausschließlich auf "Rinse-Off-Produkte", sprich Kosmetik, die abgewaschen wird und damit in den Wasserkreislauf gelangt.

    Sandra Schötter, Meeresbiologin bei Greenpeace berichtete gegenüber ARD:

    "Das Hauptproblem ist, dass die Kosmetikindustrie sich am Begriff Mikroplastik orientiert und diesen nur auf feste Mikrokunststoffe bezieht, all die flüssigen, gel- und wachsartigen Mikrokunststoffe fallen nicht darunter."

    Rund 250 Kunststoffe in der Kosmetikindustrie

    Mikroplastik

    Die festen Kunststoffe werden also zwar inzwischen nach und nach durch Stoffe ersetzt, die sich schneller auflösen (z. B. Carnaubawachs, Reiswachs, Candelillawachs), auf flüssigen Kunststoff wird jedoch nach wie vor nicht verzichtet. Insgesamt werden in der Industrie nach wie vor rund 250 verschiedene Kunststoffe verarbeitet.

    Über unsere Abwasserkanäle gelangen die giftigen Stoffe in die Kläranlagen. Diese können nur Bruchteile davon aus dem Wasser filtern. Der Rest landet in den Gewässern. Mikroplastik wurde bereits in Fischen, Muscheln, Seevögeln und anderen Tierarten nachgewiesen.  Auf der Wasseroberfläche der Ozeane schließen sich die Partikelchen zu regelrechten Teppichen zusammen, da sie leicht obenauf schwimmen. Da es schon mal mehrere hundert Jahre dauern kann, bis sich Plastik zersetzt, wird es uns wohl noch lange dort erhalten bleiben.

    Laut Umweltbundesamt kann die Zersetzung von Kunststoff bis zu 450 Jahre dauern. Das trifft auch auf Mikroplastik zu.

    Die Initiative Mikroplastik des Fraunhofer Instituts hat dazu die folgende Liste herausgegeben, die verschiedene Stoffe miteinander vergleicht:

    MaterialZeit
    Angelschnur600 Jahre
    Wegwerfwindel450 Jahre
    Plastikflasche450 Jahre
    Aludose200 Jahre
    Getränkedose200 Jahre
    Styroporbecher50 Jahre
    Schaumstoffboje50 Jahre
    Plastiktüte10-20 Jahre
    Zigarettenkippen1-5 Jahre
    Wollsocken1-5 Jahre
    Sperrholz1-3 Jahre
    Baumwollshirt2-5 Monate
    Milchkarton3 Monate
    Pappkarton2 Monate
    Apfelgehäuse2 Monate
    Zeitung6 Wochen

    Sollte sich nicht schnell etwas grundlegend ändern, werden unsere Meere bald über und über bedeckt sein von unserem Plastik. Was noch erschwerend hinzukommt: Die Partikel ziehen durch ihre chemische Beschaffenheit andere Schadstoffe an und auch diese landen früher oder später in den Mägen von Meeresbewohnern.

    Wie erkenne ich, ob Mikroplastik in meinen Lieblingsprodukten steckt?

    Die gängigsten in der Kosmetikindustrie verwendeten Kunststoffe tragen Namen wie

    PE (Polyethylen), PP (Polypropylen), PET (Polyethylenterephthalat) PET, Nylon-12, Nylon-6, PUR (Polyurethan), AC (Acrylates Copolymer) ACS (Acrylates Crosspolymer),  PA (Polyacrylat) PMMA (Polymethylmethacrylat) und PS (Polystyren).

    Verschiedene Einkaufsratgeber und Apps helfen dabei, herauszufinden, in welchem Produkt welche davon stecken. Positiv getestet wurden die verschiedensten Produkte unterschiedlichster Hersteller.  Sie alle hier aufzulisten würde den Rahmen sprengen.

    Es empfiehlt sich auf jeden Fall, Kosmetik und Haushaltsprodukte vor dem Einkauf auf Herz und Nieren zu prüfen und sie einem Test zu unterziehen. Das klappt am besten mithilfe von Apps wie Codecheck. Auch verschiedene Umweltschutz-Organisationen wie Greenpeace haben auf ihren Webseiten inzwischen Listen veröffentlicht, die regelmäßig aktualisiert werden.

    Einige Hersteller, wie zum Beispiel Börlind, positionieren sich inzwischen in offiziellen Stellungnahmen klar gegen die Verwendung von Mikroplastik. Hat man nicht immer die Möglichkeit, auf geprüfte Naturkosmetik zurückzugreifen, weil man beispielsweise ein Produkt zur Behandlung eines bestimmten Hautproblems sucht, sollte man auf jeden Fall vor dem Kauf immer das Internet zur Rate ziehen und die Liste der Inhaltsstoffe so genau wie möglich unter die Lupe nehmen.

    Kann man die Meere einfach reinigen?

    Auf Aussagen wie "Flüssige Polymere tragen nicht zu Umweltverschmutzung bei" von Sprechern großer Konzerne sollte man sich auf keinen Fall verlassen. Selbst die Hersteller der Chemikalien warnen ausdrücklich vor der Gefahr die davon ausgeht. Da sie sich, Fetten sehr ähnlich, nicht einfach im Wasser auflösen, gelangen auch sie sehr wohl in die Umwelt und damit auch die Organismen von Lebewesen.

    Über die langfristige Wirkung, die das auf unser Ökosystem hat, kann man nur spekulieren. Zwar arbeiten Forscher mit Hochdruck an Lösungen zur Reinigung der Meere, auf Dauer wird uns jedoch ausschließlich der Verzicht auf Plastik weiterbringen.

    Dazu ein Zitat von der Homepage der Initiative Mikroplastik:

    "Es ist davon auszugehen, dass kurz- bis mittelfristig keine Technologien zur Verfügung stehen, mit denen Mikroplastik aus aquatischen Umweltsystemen zurückgeholt werden können."

    Staaten wie Kenia gehen mit gutem Beispiel voran, indem sie Plastiktüten verbieten. Wir können nur hoffen, dass das schnell Schule macht.

    Bildquellen: Titelbild & Seifenspender: congerdesign, pixabay Seifenschlieren: webkinzluva, pixabay Fangnetz: the3cats, pixabay Hand mit Flasche: 422737, pixabay

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