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    Wie Wildbienen von Honigbienen verdrängt werden

    Artenschutz durch Wissen

    Beitrag von Anne
    29.07.2019 — Lesezeit: 3 min
    Wie Wildbienen von Honigbienen verdrängt werden

    "Die Bienen sterben" - überall liest man im Moment diesen Satz. Doch welche Bienen sind eigentlich gemeint? Wildbienen oder Honigbienen? Und was ist der Unterschied?

    Über das weltweite Bienensterben habe ich hier im Blog bereits mehrfach berichtet. In zahlreichen Gesprächen in meinem Umfeld sowie diversen Online-Diskussionen kam zuletzt immer wieder die Frage auf, warum man denn Wildbienen schützen soll und es hingegen nicht zur Lösung des Problems beiträgt, sich einen Bienenstock aufs Dach oder in den Garten zu stellen. Auch zu diesem speziellen Thema habe ich einige Informationen zusammengetragen, die ich hiermit mit Euch teilen möchte.

    insektenhotelBiene im Nestbaubetrieb

    Menschen sehen Bienen schon seit Jahrtausenden als Nutztiere. In unseren Köpfen ist es daher fest verankert, dass sie unserem Willen folgen müssen und wir sie einfach beliebig zu unserem Besitz hinzufügen können.

    Bis ins 7. Jahrtausend v. Chr. reicht die Haltung von Honigbienen zurück. Die erste Hochphase erlebte die Imkerei im 3. Jahrtausend v. Chr. in Ägypten. Es ist also kein Wunder, dass wir uns nichts anderes mehr vorstellen können.

    Die Natur ist auf Bienen als bestäubende Insekten angewiesen. Ohne sie würde auch die Vegetation nach und nach aussterben. Die Bienen werden vor allem durch Insektizide, Pflanzenschutzmittel (vor allem Neonicotinoide) und die Varroamilbe massiv bedroht.

    Vorsicht Verwechslungsgefahr

    wildbienenBiene im Spätsommer

    Die meisten Menschen denken beim Wort "Bienen" sofort an Honigbienen - sprich Zuchtbienen und nicht an Wildbienen. Dass es allein hierzulande etwa 560 Wildbienenarten  (Ursprünglich in Mitteleuropa hingegen nur eine einzige heimische Honigbienenart) gibt, ist weitestgehend unbekannt. Unsere einheimische Honigbiene (Dunkle Honigbiene) ist bereits so gut wie ausgestorben. Redet man heute von "Honigbienen", sind in der Regel Zuchtbienen gemeint. Diese sind, genau wie Milchkühe, auf Leistung gezüchtet. Aus diesem Grund sind sie häufig sehr anfällig für Parasitenbefall und Krankheiten.

    Immer mehr Wildbienen landen auf der roten Liste der aussterbenden Arten. In Deutschland sind es bereits traurige 53 Prozent. Es ist also Handeln gefragt. Doch Handeln setzt Wissen voraus. Wenn tausende Menschen in blindem Aktivismus Zuchtbienen in ihren Gärten aufstellen, hilft das leider nur sehr wenig. Wir sollten bei all den Honigbienen-Projekten, die derzeit mit Feuereifer vorangetrieben werden, vor allem auch den Wildbienen und anderen Insekten unsere Aufmerksamkeit schenken.

    Nesträuber und Schwierigkeiten bei der Brut

    Biene sammelt NektarBiene sammelt Nektar

    In meinem Artikel "Wie funktioniert ein Insektenhotel" erfahrt Ihr unter anderem, dass eine Wildbiene während ihrer vier- bis sechswöchigen Flugzeit nur etwa zwanzig bis vierzig Brutzellen anlegen kann. Im nächsten Jahr schlüpfen dann etwa zehn weibliche Bienen aus, die sich weiter fortpflanzen können.

    Der Rest der Brut fällt verschiedenen Nesträubern und der Witterung zum Opfer. Zuchtbienen hingegen schaffen es, über 1.500 Eier täglich abzulegen. Feinde können in ihre Brutkästen keine eindringen - es droht also kaum Gefahr von außen. Ein Honigbienenstamm kann so gut und gerne 50.000 Tiere umfassen - für einen Wildbienenstamm wäre eine solche Populationsgröße undenkbar.

    Der Anbau auf unseren Feldern erfolgt nach wie vor weitestgehend in Monokultur. Pflanzen wie Raps blühen jedoch nicht das ganze Jahr und in einer Monokultur werden sie auch nicht von anderen Pflanzen in ihrer Blüte abgelöst. Die Bienenvölker der Imker weichen nach dem Abblühen gerne mal auf die immer kleiner werdenden natürlichen Gebiete aus und "wildern" dort auf dem Terrain der Wildbienen.

    Schutzzonen für Wildbienen

    WildbienenEtwa 30 Prozent der Bienen sind oligolektisch - sie bevorzugen eine bestimmte Blütenpflanzengattung oder sogar -Art

    Besonders Bienen, die auf eine besondere Blütenpflanzengattung oder sogar -Art spezialisiert sind (oligolektische) bekommen dadurch ein Problem. Die Nahrung wird also weniger und die Wildbienen werden nach und nach verdrängt. Umweltschutz-Organisationen wie der NABU* setzen sich aus diesem Grund für Honigbienen-freie Zonen ein.

    Durch die Bienenzucht haben wir das natürliche Gleichgewicht empfindlich gestört. Unsere Honigbienen brauchen sich nicht lange auf die Suche nach Futter machen - der Imker hält permanent Nahrung für sie bereit, wenn es mal zu einem Engpass kommen sollte. Wildbienen hingegen sind auf bestimmte Pollen angewiesen. Wenn ihnen die von massenhaft auftretenden Honigbienen weggenommen werden, verhungern sie und können sich nicht mehr fortpflanzen.

    Und auch der bereits im Nest heranwachsende Nachwuchs bekommt ein Problem: Der Pollenkuchen, den die Bienen in die Bruthöhlen legen, fällt bei einem Unterangebot an Nahrung weniger nährstoffreich aus - die Bienen werden nicht mehr so groß und sterben schneller. Ein weiteres Problem ist, dass unterernährte Bienen dazu neigen, mehr männliche als weibliche Nachfahren zu zeugen, da sie weniger Pollen brauchen und kleiner sind.

    Die Wildbienen brauchen Schutz

    Es gilt: Wenn wir uns für die Wildbienen einsetzen, indem wir zum Beispiel Bienenhotels aufstellen, helfen wir auch den Honigbienen. Züchten wir jedoch Honigbienen, hilft das den Wildbienen leider nicht weiter.

    wildbienenDie Hummeln sind eine zu den Echten Bienen gehörende Gattung staatenbildender Insekten

    Wildbienen (auch Hummeln!) bestäuben Pflanzen effizienter, als Zuchtbienen und sind zudem robuster. Das haben Wissenschaftler inzwischen mithilfe umfangreicher Forschungsprojekte herausgefunden. Sie werden daher heute schon vielfach in Plantagen eingesetzt.

    Fazit

    Wir sollten von "Wildbienenschutz" sprechen und nicht von Bienenschutz - um damit bewusst zu vermitteln, dass es nicht um den Erhalt von Zuchtbienen geht und wir wilde Insekten dringend an unserer Seite brauchen, wenn wir weiterhin Obst und Gemüse und vor allem ein funktionierendes Ökosystem haben wollen.

    Wichtiger Hinweis: Wenn Ihr etwas für den Schutz der Wildbienen tun wollt und ein Insektenhotel aufstellen möchtet, solltet Ihr nicht irgendeins kaufen. Leider sind jede Menge unbrauchbare Modelle auf dem Markt, die den Bienen im schlimmsten Fall das Leben kosten können. Tipps für das richtige Insektenhotel (Inklusive DIY-Hinweise) findet Ihr auch hier im Blog.

    Quellen: Wildbienenschutz - von der Wissenschaft zur Praxis, "The Honey Industry Explained In 5 Minutes" , "More Than Honey" , NABU Schleswig-Holstein

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